Autor: The Dividend Post (Clemens)
24 Februar 2022
Lieber Andreas, vielen Dank für Deine Zeit und herzlich Willkommen zum Dividend Post Interview! Am besten Du stellst Dich mit Deinen eigenen Worten den Lesern vor?
Andreas: Vielen Dank für die Einladung. Ja, starten ganz klassisch: ich heiße Andreas Grüner, bin Mitte der Dreißiger. Im Beruf arbeite ich im Bereich Finanzen, im welchen ich auch mein Studium abschloss. Mittlerweile bin seit acht Jahren aktiv als Investor mit dem Fokus auf sogenannten „Dividendenwerte“. Zuletzt konzentriere ich mich verstärkt auf den zyklischen Rohstoffsektor mit dem Hintergrund eines auf makroökonomische Konjunkturzyklen basierten Investitionsansatzes. Konkret bedeutet das, aktuelle Wirtschaftszyklen in bestimmten Sektoren bzw. Branchen wie aktuell in den Rohstoffen abzufangen, um dort den Investitionsfokus zu setzen.
Wie würdest Du Dich als Investor charakterisieren?
Ganz klar ein defensiv-orientierter Investor. Wachstumsaktien liegen mir persönlich gar nicht, da ich hier mit der klassischen Bewertungsmethodik nach Value-Prinzipien wenig anfangen kann. Mich ausschließlich auf zukünftige Erwartungen zu verlassen, widerstrebt mir. Mein Ziel ist sehr Cashflow-orientiert zu agieren. In unruhigen Marktphasen möchte ich meinen Drawdown möglichst gering im Portfolio halten. Dabei diversifiziere ich sowohl in der Anzahl der Unternehmen als auch querbeet durch die Sektoren und Assetklassen.
Auf welchen wesentlichen Aspekten beruhen Deine Entscheidungen in deinem Investment-Prozess?
Das Geschäftsmodell eines investitionswürdigen Unternehmens soll leicht verständlich sein. Das Unternehmen muss Cashflow-stark sein und dies konstant über einen längeren Zeitraum. Die Verschuldung soll im Verhältnis zum Cashflow möglichst gering sein, bestenfalls bestehen keine Schulden 😊. Die Firmenpolitik des Managements soll nachvollziehbar sein. Als aktuelles Negativbeispiel sehe ich Cisco Systems, die planen den Software-Anbieter Splunk für 20 Milliarden US-Dollar zu übernehmen. Diesen Move verstehe ich zum kolportierten Kaufpreis nicht, daher habe ich Cisco konsequenterweise verkauft.
Ich habe in meinem Beitrag über das Warum als Teil des Investierens gebloggt. Warum investierst Du?
Mein Warum speist sich aus dem Gedanken eines auf Cashflow-basierten Investitionsansatzes eine sogenanntes „passives“ Einkommen zu generieren, um eine gewisse finanzielle Unabhängigkeit aufzubauen. Da geht es gar nicht darum, den Job an den Nagel zu hängen. Vielmehr möchte ich in kritischen Situationen im Leben mich in die Lage versetzen, meine Entscheidungsfreiheit frei von finanziellen Notwendigkeiten zu wahren. Zuletzt bin ich der Überzeugung, dass die staatliche Rente in der heutigen Form zukünftig nicht ausreichen wird.
Aus informierten Kreisen weiß ich, dass Du einen Fokus u.a. auf Rohstoffe setzt? Was macht diesen Bereich für Dich im Vergleich zu anderen Sektoren attraktiv?
Momentan scheint mir die Rohstoff-Branche vergleichsweise unbeliebt. Im Kontext von dem Hype um Growth-Titeln sowie dem Trend in Richtung ESG-konformes Investieren, sei erwähnt: ohne Rohstoffe geht in unserer Wirtschaft schlichtweg gar nichts. Kupfer läuft in ein Angebotsdefizit, Öl wurde wohl vorschnell abgeschrieben. Dadurch wurden die Investitionsprogramme in neue Förderanlagen deutlich reduziert und die Unternehmen produzieren an ihrem Kapazitätslimit. Jetzt fließt der Cashflow bei aktuell gegebener Unterbewertung.
Welche Rolle spielt das Thema Diversifikation als Investor?
Eine sehr große Rolle. Das fängt mit den verschiedenen Assets wie Aktien, Anleihen, Gold in der Allokation an und setzt sich innerhalb der Unternehmensdiversifikation entlang der unterschiedlichen Sektoren fort. Aktuell ist und bleibt der Basiskonsumbereich mein größter Sektor.
An der Börse bilden wir uns als Investoren eine bestimmte Meinung, bevor wir beispielsweise in ein Unternehmen unser Geld investieren. Wann hat sich Deine Meinung das letzte Mal geändert?
Weil erst vor kurzem zutraf: Cisco Systems 😊. Ich ging davon aus, dass das Management sehr verantwortungsvoll mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen im Sinne der Shareholder umgeht. Über Jahre war das gut anhand der gesunden Bilanz evident. Nun kam es wie beschrieben anders und mein Investment Case ist damit. Auf einen bestimmten Sektor bezogen, hat sich meine Meinung zum Thema Öl geändert. Nach anfänglicher Skepsis investierte ich glücklicherweise vor dem Comeback in zuvor darniederliegende Öl-Konzerne.
Wie ich schmerzlich feststellen musste, hast Du im letzten Jahr relativ abrupt Deine Ära als Finanzblogger beendet. Was waren die Gründe dafür?
Der Hauptgrund war meine eigene Unzufriedenheit. Es stresste mich mehr als es mich freute neue Blogbeiträge zu schreiben. Es wurmte mich einfach wenn Beiträge mit einem Clickbait-Titel wie „400 Euro im Monat erhalten“ um das Dreifache mehr Klicks erhielten als meine zeitlich aufwendigeren Aktienanalysen. Ich sah im Offenlegen meiner Finanzen keinen greifbaren Mehrwert mehr.
Ehrlich gesagt fühlte ich mich am Ende durch die permanente Transparenz schon etwas unwohl. Das hat sich nun mit dem Ende des Blogs schlagartig geändert.
Das Thema Lernen ist ein steter Begleiter auf und abseits der Börse. Was waren Deine prägendsten Erfahrungen, aus denen Du für Dich am meisten gelernt hast?
Am Anfang lag der Fokus eindeutig auf die „No Brainer“-Titel wie Johnson& Johnson oder Coca-Cola, ohne genauer auf die Bewertung der Unternehmen zu achten. Eine Zeitlang blieb mit dem Blick auf eine möglichst hohe Dividendenrendite das wichtigste Selektionskriterium. Da ich noch rechtzeitig vor dem Corona-Crash mein Lehrgeld für diese eindimensionale Vorgehensweise zahlte, konnte ich im März und April 2020 eine nach meinem Befinden ordentliche Auswahl an Qualitätstiteln mir in mein Depot holen.
Hast Du eine Medienempfehlung für unsere Leser?
Auch wenn es eine Paywall gibt, ist es mir wert die Financial Times in puncto Wirtschaftsnachrichten für den Inhalt zu bezahlen.
Was hast Du für die Zukunft geplant?
Die Augen offen halten, mögliche Strategieänderung im Kopf behalten. Gleichwohl bin ich mit dem eingeschlagenen Weg sehr zufrieden. Unternehmen für das Leben existieren nicht, siehe – nochmals – Cisco Systems 😉
Zum Schluss: worum geht’s im Leben?
Das Beste aus dem Leben zu machen und insbesondere damit zufrieden zu sein.
Vielen Dank für Deine Zeit und das Interview!
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Disclaimer & Transparenzhinweis:
Ich besitze Aktien von Cisco Systems (CSCO). Der Kauf und Verkauf von Aktien, Aktienfonds und anderen Finanzinstrumenten kann zu Verlusten, bis hin zum Totalverlust, führen und sollte stets im Einklang mit dem eigenen Risikoappetit erfolgen. Meine auf dividendpost.net veröffentlichten Beiträge stellen keine Anlageberatung dar, sondern dienen schlichtweg der Unterhaltung und Information. Das Handeln mit Wertpapieren erfolgt auf eigene Gefahr. Ich tätige Börsengeschäfte ausschließlich als Privatanleger. Meine Einschätzungen erfolgen nach bestem Wissen und Gewissen, dafür übernehme ich keine Gewähr für Vollständigkeit, Richtigkeit und Aktualität der präsentierten und bereitgestellten Inhalte. Eigene Recherche und Due Diligence sind Schlüsselfaktoren für einen selbstbestimmten Vermögensaufbau. Unbezahlte Werbung durch Markennennung.