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Dividend Post Interview: Sven Wolken (Cashkalender.de)

Autor: The Dividend Post (Clemens)
14 April 2022

Lieber Sven, vielen Dank für Deine Zeit und herzlich Willkommen zum Dividend Post Interview! Am besten Du stellst Dich mit Deinen eigenen Worten den Lesern kurz vor?

Sven: Zunächst einmal vielen Dank für die Einladung zum Interview. Ich heiße auch Sven wie ein Instagram-Finanzinfluencer, mit dem Du vor kurzem ein Video gemacht hast 😊. Seit meiner Geburt in den 1980er Jahren bin ich in der Region um Frankfurt verwurzelt, die Welt erkunde ich derweilen über Urlaube. Vier bis fünf Mal in der Vor-Coronazeit, hoffentlich bald wieder in diesem Rhythmus. In einem der letzten Diplomstudienlehrgänge absolvierte ich mein Studium der Elektrotechnik und arbeite heute als Ingenieur im Bereich „Embedded Software“. In der Freizeit steht unser kleiner Sohn an erster Stelle, die verbleibende Zeit widme ich meinem zweiten „Kind“, aber darauf kommen wir sicherlich noch zu sprechen.

Erzähl uns von Deinem Weg an die Börse?

Die Sparsamkeit nahm ich aus meinem Elternhaus mit – wie scheinbar einige andere, die sich heutzutage mit Aktien beschäftigen. Nachdem sich die ersten Gehälter auf dem Girokonto anhäuften, stellte sich die Frage worin das Gesparte investieren. Zwar gab es 2012 noch im Verhältnis zu heute zwei bis drei Prozent Zinsen am Festgeldkonto, doch lernte ich durch einen Freund die Aktie als Investment näher kennen. Damals war im deutschsprachigen Raum noch wenig bis gar nichts an unabhängigem Finanzwissen vorhanden. Ich durchstöberte vorwiegend amerikanische Blogs, wie jenen von Jason Fieber oder den Dividend Diplomats. Doch meine erste Anlaufstelle waren Bücher oder einschlägige Wertpapierforen. Während der besagte Freund von mir das „nächste Amazon“ im Micro-Cap-Bereich versuchte zu finden, setzte ich relativ früh meinen Fokus auf solide, weniger risikoreichere Qualitätsunternehmen wie Allianz, 3M, BlackRock, Johnson & Johnson oder Home Depot gepaart mit wachsenden Dividenden. Diesem Ansatz blieb ich bis heute treu. Einige Wachstumswerte runden das Portfolio ab.

Ich habe in einem Beitrag über das Warum als Teil des Investierens gebloggt. Warum investierst Du?

In Anlehnung an die F.I.R.E.-Bewegung (Anm.: financial independence, retire early) fokussiere ich mich auf die ersten beiden Buchstaben und übersetze sie für mich mit dem Begriff der finanziellen Unabhängigkeit. Ich möchte in der Lage sein, selbst zu bestimmen was ich mit meiner Zeit mache bzw. was ich eben auch nicht machen möchte. Das Investieren gibt mir das nötige Finanzpolster durch einen wachsenden Dividendenstrom. Den Part um „retire early“ im Sinne eines frühestmöglichen Renteneintritts ist keine Zielsetzung. Finanzielle Unabhängigkeit fußt auch auf die Erschließung unterschiedlicher Einkommensströme, doch brauche ich auch die dafür erforderliche Zeit, um sie entsprechend aufzubauen. Da kommen dann wieder die Dividendenerträge ins Spiel, die mir sukzessive und mit nötiger Geduld diesen Spielraum verschaffen.

Seit 2019 betreibst Du Deine Website „Cashkalender.de“, auf der Du regelmäßig über Quartalszahlen, Dividendendaten etc. berichtest. Erzähle uns über die Idee darüber, wie Du eigentlich zu dieser Website gekommen bist.

Die ursprüngliche Idee war die David-Fish-Liste – mittlerweile CCC-Liste genannt –mit aktuellen Kursen und den daraus abgeleiteten Kennzahlen, wie die Dividendenrendite zur Verfügung zu stellen. Mittlerweile ist die CCC-List nur eine Teilmenge der dargestellten Werte. Nach der ersten Zeit des Experimentierens kam der Entschluss, mit all den mir verfügbaren Daten auch einen Kalender für Ex-Dividende und Zahltagen im Wochenkalenderformat darzustellen. Im nächsten Schritt kamen die Earnings dazu. Hier stelle ich die Prognosen für Gewinn und Umsatz mit den tatsächlichen Quartalsergebnissen gegenüber. Das Ziel von Cashkalender.de war und ist viele stets aktualisierte Informationen, möglichst auf einen Blick, zu präsentieren.

Welche weiteren Ziele verfolgst Du mit Cashkalender.de?

Ein Nahziel ist die Erweiterung des Tracking-Spektrums um kanadische und britische Unternehmen. Da gibt es doch noch einige interessante Unternehmen, die in unseren Breiten unter der Wahrnehmungsschwelle schweben. Danach steht ein Re-Design an, da initial der Fokus auf die Wiedergabe von unterschiedlichen Daten lag. Da hat sich die Welt in puncto Webdesign doch um ein ordentliches Stück weitergedreht.


Cashkalender

Eine Website zu betreiben, bedeutet einen Heidenaufwand. Welche Resonanz aus Deinem Umfeld und Bekanntenkreis gibt es zu Deinem Engagement bisher?

Aus dem Bekanntenkreis relativ wenig, weil sich die Leute von Haus aus nicht für das Thema Investieren interessieren. Diejenigen Cashkalender-Nutzer, die ich persönlich kenne, geben mir regelmäßig Feedback welche Features eventuell noch hinzugefügt werden könnten. Gerade mit begrenztem Zeit- und Geldbudget, ist die Umsetzung dieser Wünsche eine Frage der Priorisierung. Nichtsdestotrotz ist es ein Projekt für die Community ohne Anspruch auf den höchsten Grad an optische Professionalisierung. Bei den Daten hingegen lege ich sehr großen Wert auf die Korrektheit.

Wie würdest Du Dich heute als Investor charakterisieren?

In erster Linie war und bin ich ein geduldiger Investor. Manchmal vielleicht auch zu geduldig, wenn ich an Investments festhalte in dem Glauben, dass es sich noch zum Guten wendet. Geduld spielt beim Dividend Growth Investing eine essentielle Rolle und kann durchaus als Basisanforderung vorausgesetzt werden. Über die Zeit wurde ich sicher wählerischer. Ich warte jetzt in gewissen Marktphasen einmal ab und beobachte den Markt. Zusammengefasst: eher konservativ und langweilig 😊

Auf welchen wesentlichen Aspekten beruhen Deine Entscheidungen in Deinem Investment-Prozess?

Fundamentale Bewertung am Beispiel steigender Umsätze, Gewinne und Free Cash Flows sind ein zentraler Bestandteil in meinem Investment-Prozess. Das Bild der Treppe fällt mir hierbei ein. Die Verschuldungssituation sollte überschaubar sein und das Payout-Ratio sollte sich in einem für die Branche üblichen Rahmen bewegen. Die Dividende sollte sich das Unternehmen komfortabel leisten können. Zudem schaue ich mir mit dem Aktienfinder an, wie es um die Bewertung des Unternehmens zum aktuellen Zeitpunkt steht. Ein klares No-Go sind neben einer überbordenden Verschuldung ein schlechter Investor-Relations Auftritt. Ein abschreckendes Beispiel wäre China Water Affairs.

Welche Rolle spielt das Thema Diversifikation für Dich als Investor?

Mit über einhundert Werten im Portfolio bin ich meiner Meinung nach gut diversifiziert. Hierbei überwiegt mein Schwerpunkt auf US-amerikanische Unternehmen. Mit ein Grund dafür ist die ausgeprägte und historisch tief verankerte Shareholder-Value-Orientierung in den Vereinigten Staaten. Bestes Beispiel für dieses Unterscheidungsmerkmal gegenüber kontinentaleuropäischen oder asiatischen Werten sind die beeindruckenden, über Jahrzehnte dauernden Dividendenhistorien dutzender Unternehmen. Aus der Anfangszeit meines Investoren-Daseins stammt ein überschaubarer Deutschland-Klumpen, was ich getrost unter „Home Bias“ verbuche. Zuletzt decke ich mit China – im vollen Bewusstsein der politischen Risiken – die weltweit zweitstärkste Volkswirtschaft mit einigen Einzeltiteln und meinem einzigen ETF ab. Der Drang nach Erfolg in der jungen chinesischen Bevölkerung in Kombination mit der demographischen Entwicklung sprechen für mich für ein Investment dort.

An der Börse bilden wir uns als Investoren eine bestimmte Meinung, bevor wir in ein Unternehmen unser Geld investieren. Wann hat sich Deine Meinung das letzte Mal geändert?

Das ist nicht lange her. Ein konkretes Beispiel ist das Unternehmen Sea Limited, welches sich auf E-Commerce und Gaming fokussiert. Dieses in der Vergangenheit sehr stark wachsende Unternehmen aus Singapur strich ich zuletzt von meiner Watchlist. Obwohl Sea deutlich vom Kurs her zurückkam, beschloss ich mich von nun an wieder stärker auf meine Kernausrichtung, nämlich das Investieren in Dividendenwachstumswerte, zu konzentrieren. Auch auf die Gefahr hin das oft zitierte „nächste Amazon“ zu verpassen 😉

Das Thema Lernen ist ein steter Begleiter auf und abseits der Börse. Was waren Deine prägendsten Erfahrungen, aus denen Du für Dich am meisten gelernt hast?

Wie für wohl nicht wenige Aktionäre aus Deutschland machte ich meine schmerzhaften Erfahrungen mit Wirecard. Trotz der damals kritischen Berichterstattung durch die Financial Times und präzise formulierter Vorwürfe fehlender Transparenz an das Wirecard-Management, hielte ich zu lange am Unternehmen fest. In der Hoffnung, die Dinge würden sich zum Besseren wenden… das Ende ist bekannt. Mein Learning daraus war deutlich kritischer zu sein.

Hast Du eine Medienempfehlung für unsere Leser?

Neben der originalen CCC-Liste kann ich die Youtube-Videos von Chuck Carnevale, Gründer von FASTgraphs, zur Inspiration empfehlen. Für sehr tiefgehende und sehr gut aufbereitete Analysen schaue ich mir sehr gerne die Beiträge von Torsten Tiedt vom Aktienfinder an. Und natürlich alles was aus der DGI-Community kommt, wie beispielsweise Dividendencheck (Youtube und Twitter).

Was hast Du für die Zukunft geplant?

Für dieses Jahr auf jeden Fall den Kleinen windelfrei bekommen 😊. Ansonsten wie oben erwähnt das Spektrum von Cashkalender erweitern. Und zu guter Letzt mein neues Online-Projekt zum Thema Finanzen launchen.

Zum Schluss: worum geht’s im Leben?

Dinge im Leben zu unternehmen, denen ich einen Sinn zuschreibe, die mich erfüllen und mir eine Freude bereiten ohne dabei großartig Rücksicht auf externe Abhängigkeiten außerhalb der Familie nehmen zu müssen.

Sven, vielen Dank für Deine Zeit und das Interview!


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