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Dividend Post Interview mit Bernhard Hummel

Autor: The Dividend Post (Clemens)
19 Februar 2023

Mit Bernhard Hummel lud ich mir einen „alten Hasen“ aus der kleinen, aber feinen österreichischen Finanzblogger-Community zum Dividend Post Interview ein. Bernhard erzählt, warum er sich einen eigenen ETF zusammenstellt, seine Faszination über Hauptversammlungen und die jüngsten Änderungen in der Asset-Allokation.


Lieber Bernhard, herzlich Willkommen zum Dividend Post Interview! Am besten Du stellst Dich mit Deinen eigenen Worten den Lesern vor.

Bernhard: Hallo! Bernhard Hummel eben mein Name und ich befinde mich in meinen frühen 40er Jahren 😊. Ich studierte Lehramt an der Pädagogischen Hochschule Wien. Schon von früh interessierte ich mich für das Thema Mobilität und Investments. Während meines Studiums besuchte ich die Fahrlehrerakademie, wo ich einige Jahre später selbst als Vortragender Österreichs Fahr(schul)lehrer ausbilden sollte.

Nach einigen Jahren als Fahrschullehrer und Manager gründete ich meine eigene Firma und arbeite seither unter anderem als YouTuber, Fahrsicherheitstrainer und Veranstalter, Fahrprüfer, Fahrlehrer- und Fahrprüferausbildner, Autor und – für das Interview wohl am relevantesten – Privatanleger.

Erzähl uns von Deinem Weg an die Börse? Seit wann investierst Du?

Mittlerweile reicht mein Start an der Börse ein Jahrzehnt zurück. Vielleicht den Lesern nicht ganz unbekannt verlief mein Weg an die Börse über die Hausbank. Mein damaliger Kundenbetreuer meinte, es liege eine hohe Summe am Girokonto, ob wir nicht da etwas in Richtung Aktien(-fonds) umschichten sollten. Immerhin gewann ich somit erstmals ein Interesse an das Investieren und begann mich tiefer mit der Materie „Finanzen“ auseinanderzusetzen. Nach Studium der einschlägigen Literatur wie beispielsweise von Robert Kiyosaki „Rich Dad, Poor Dad“ zog ich die Konsequenz daraus: ich verkaufte meine Fonds wieder und nahm mein Schicksal selbst in die Hand. Ich eröffnete ein Depot beim Online-Broker, konkretisierte meine Investmentstrategie mit dem Fokus auf Dividenden und einer breiten Diversifikation und bleibe seither geduldig investiert.

Wir hatten auf Deinem YouTube-Kanal vor einiger Zeit das gemeinsame Vergnügen. Erzähle uns über Deine Motivation und Beweggründe, warum Du mit Deinem Blog und den YouTube-Videos begonnen hast?

Im Grunde genommen habe ich mich mit YouTube dank meiner Fahrschulbücher näher beschäftigt. Das Videoformat war und ist eine großartige Möglichkeit, den erstellten Content über die Reichweite an eine größere Audienz zu verteilen. Stichwort Skalierung des Geschäftsmodells. Da war ich sicherlich von Robert Kiyosaki inspiriert, eine passende Alternative anstatt „Zeit gegen Geld“ zu forcieren. Dasselbe Prinzip gilt auch für meine Bücher.

So entstand ein eigenständiger YouTube-Kanal, auf dem ich heute auch persönliche Inhalte teile wie zum Beispiel meine Roadtrips mit dem Tesla oder das Investieren in Immobilien hier in Marbella, Spanien. Parallel dazu entwickelte ich den Investment-Kanal, da ich anfangs nicht die Finanzthemen mit jenen Inhalten aus dem Fahrschulbereich vermischen wollte. Über die Zeit entwickelte sich eine treue Community. Als Vorteil sehe ich vor allem den Erfahrungsaustausch unter Gleichgesinnten, das Kennenlernen vieler interessanter Personen im Finanzumfeld und das Netzwerken auf und abseits der Hauptversammlungen.

Und wie zufrieden bist Du mit der Entwicklung? Welche Resonanz aus Deinem Umfeld und Bekanntenkreis gibt es zu Deinem Engagement bisher?

Offensichtlich habe ich die letzten Monate auf dem Investment-Kanal wenig an Content veröffentlicht. Es läuft vieles im Hintergrund innerhalb des entstandenen Netzwerkes ab, so wie wir beide uns ja auch regelmäßig austauschen. Darin liegt mein Hauptschwerpunkt, jedoch wird in Zukunft das eine oder andere Video live gehen.

In Österreich fristet die Investment- bzw. Aktienkultur – freundlich formuliert – ein Nischendasein, so zumindest mein Eindruck. Welche Wahrnehmung hast Du als jemand, der das Ganze schon seit einem längeren Zeitraum begleitet?

Sagen wir so: man kennt sich relativ rasch in Österreich. Im Bereich der Sozialen Medien bleibt es überschaubar, dass Privatanleger öffentlich Inhalte in Verbindung mit Finanzen teilen oder über ihr Investorendasein sprechen. Auf den Hauptversammlungen treffe ich immer wieder spannende Leute und es ergibt sich ein anderer Austausch als auf Facebook, Instagram & Co.

Ein Wort noch zu den Sozialen Medien und Finanzblogs: bei manchen sieht man ganz klar, worin die Grundmotivation besteht, nämlich einen schnellen Euro zu verdienen. Auf der anderen Seite gibt es großartige Blogs, die tiefergehend in die Materie eintauchen und viel Recherche betreiben. Von daher läuft es in Österreich nicht anders ab als in anderen Ländern.

Du erzählst mit dem Format „Investmenttalks“ von Deinen zahlreichen Besuchen von Hauptversammlungen. Wie kam es zu dieser Idee?

Die Faszination an Hauptversammlungen wuchs in mir über die letzten Jahre heran. Als Aktionär und Miteigentümer ist mir die Zusammenkunft der Mitaktionäre unheimlich wichtig, da dadurch einen praktischen Bezug zum Investment und eine Art Bindung zum Unternehmen herzustellen. Die Produktvorstellung vor Ort, die Vorträge der Vorstandsmitglieder, der Austausch mit anderen Miteigentümern… wunderbar! Dadurch angetrieben habe ich begonnen, aktiv Inhalte in Form von HV-Berichten auf meiner Webseite bereitzustellen, was in dieser speziellen Community breiten Anklang fand. Persönlich halte ich von den virtuellen HVs wenig, weil dieses Gefühl einfach nicht über die digitalen Kanäle transportiert werden kann. Funktioniert auch schwierig ohne Buffet 😉

Was war Deine bisher prägendste Erfahrung auf einer HV?

Ich kann nicht anders als zu antworten mit „es ist immer ein besonderes Erlebnis“. Die HV von Nestlé in Lausanne mit Nespresso-Kaffee und die Zusammenkunft vieler Gleichgesinnter aus dem DACH-Raum hinterließ sicherlich einen bleibenden Eindruck bei mir.

Und Bonusfrage für alle Interessierten und potentiellen HV-Besucher: welches österreichische Unternehmen kannst Du für einen Besuch empfehlen?

Traditionell die erste HV in Österreich ist jene des Stromversorgers EVN. Für mich bildet dieses Event den Auftakt meiner persönlichen HV-Saison. Do&Co lässt sich beim Buffet standesgemäß nicht lumpen, alles andere wäre auch bei diesem Geschäftsmodell kontraproduktiv. Ich hoffe, dass wir 2023 wieder an die Zeit vor Ausbruch der Coronapandemie anschließen können.

Kommen wir wieder zurück zum Investieren. Wie würdest Du Deine Anlagestrategie definieren und welches Warum verfolgst Du damit?

Das Warum kann ich ohne großartig auszuschweifen klar mit dem Ziel eines nachhaltigen Vermögensaufbaus beantworten. Als praktizierender Privatier lebe ich von meinen Erträgen, was mir bislang ganz gut gelingt. Mein Grundvertrauen in den Zinseszinseffekt stimmt mich zuversichtlich.

Die Investmentstrategie würde ich als ein Buy-&-Hold im Sinne der langfristig-orientierten Beteiligung an Unternehmen beschreiben. Im Kern setzt sich das Portfolio aus Dividende-ausschüttenden Firmen zusammen. Ich ergänze diese um Einzelwerte, die wohl eher mit dem Etikett von „Growth-Aktien“ zu versehen sind. Ich sehe das keineswegs dogmatisch. Betrachtet man die Asset Allokation von oben, war das letzte Jahr 2022 geprägt von einer Umschichtung von Wachstumsaktien in Richtung Immobilien. Zum Leidwesen der Tesla-Fanboys realisierte ich insbesondere bei diesem Hype-Wert, um die neue Immobilie in Spanien mitzufinanzieren.

Auf welchen wesentlichen Aspekten bzw. Regelwerk beruhen Deine Entscheidungen in Deinem Investment-Prozess?

Mein Zugang ist oftmals einfach gehalten. Verstehe ich das Geschäftsmodell und die Produkte bzw. Services des Unternehmens überhaupt. Sei es bei einem Broker wie Swissquote, bei denen ich selbst Kunde bin oder bereits erwähnt das Produktsortiment Nestlé. Erkenne ich einen Burggraben, der den Umsätzen und Gewinnen des Unternehmens einen gewissen Schutz verleiht. Auf der fundamentalen Ebene sehe ich mir Bewertungs-Multiples und Kennzahlen wie zum Beispiel die Ausschüttungsquote, Dividendenwachstum etc. an.

Auf Deinem Blog findet man eine Liste all Deiner Positionen. Das sind weit über hundert verschiedene Einzelwerte. Warum schreibst Du dem Thema Diversifikation so eine hohe Bedeutung zu?

Ich habe mich aktiv dafür entschieden, mir aus ca. 275 Einzelwerte meinen persönlichen ETF zu bauen. Die Diversifikation beinhaltet auch die Streuung über unterschiedliche Währungsräume, vor allem der Schweizer Franken genießt bei mir einen hohen Stellenwert. Dementsprechend kaufe ich stets an der Heimatbörse des Unternehmens. Dies unterliegt der Prämisse, meinen momentanen physischen Lebensmittelpunkt niemals von meinen Investmentszenarien abhängig zu machen. Summa summarum streue ich auf globaler Ebene zwischen Assets und Währungen.

Weshalb investierst Du nicht gleich in einen ETF?

Da schwingt sicherlich ein wenig Emotion mit. Erstens spielt für mich der direkte Bezug zum Unternehmen eine wichtige Rolle. Dieses Bedürfnis kann ich über ein Direktinvestment am besten abdecken, ohne irgendeinen Intermediär dazwischen zu haben. Zweitens hält mich die emotionale Bindung am Unternehmen stärker an meine Investments. Da mögen jetzt einige die Hände über den Kopf zusammenschlagen, aber ich fühle mich mit Aktien sehr wohl und sehe diese Identifikation klar positiv. Weiters missfällt mir die Bündelung der Stimmrechte in der Obhut des ETF-Anbieters. Ich vertrete die Meinung, dass die Ausübung der Aktionärsrechte ein hervorragendes Beispiel für Basisdemokratie ist – natürlich immer im Ermessen der tatsächlich gehaltenen Anteile. Ebenso fällt es mir schwieriger, mit ETFs eine Währungsdiversifikation wie die von mir bevorzugte Variante in der Lebenspraxis umzusetzen. Zuletzt die persönliche Vorliebe zur Teilnahme an den HVs, die ich durchaus als Teil meines Lebensstils betrachte. Mit ETFs gibt es keine HV-Einladungen, geschweige denn die Sachdividenden wie den wunderbaren Koffer mit Lindt-Schokolade 😊

Welche Rolle spielt dabei das Dividendenwachstum für Dich?

Das Dividendenwachstum spiegelt den zentralen Aspekt im Rahmen des Zinseszins wider. In Kombination mit günstigen Einstiegspunkten wie im März 2020, als nicht wenige Dividend Growth Stocks massiv verbilligt einzusammeln waren, macht sich dieser Compounding-Effekt bereits in einem kürzeren Zeitraum bezogen auf die persönliche Dividendenrendite signifikant bemerkbar.

An der Börse bilden wir uns als Investoren eine bestimmte Meinung, bevor wir in ein Unternehmen, ETF, Fonds, o.ä. unser Geld investieren. Wann hat sich Deine Meinung zu einem Investment das letzte Mal geändert?

Im Investment-Bereich kann es mitunter klug sein, die Ansichten zu ändern als stur an die ursprüngliche Einschätzung festzuhalten. Bei mir war es eine Änderung meiner Einstellung gegenüber Immobilieninvestments, die ich bis vor meinem Engagement in Spanien de facto ausschloss. Neben dem Aufwertungspotential der Immobilie an sich erhöht diese auch meine gefühlte Lebensqualität. Während es in Wien gerade schneit, strahlt hier die Sonne. Eine weitere Veränderung stellt mein geordneter Rückzug aus dem P2P-Bereich dar, weil mir nach einem Jahrzehnt „skin in the game“ das Risiko-Ertrags-Verhältnis nicht mehr zusagt. Da halte ich den Fokus auf den Kernbereich des Portfolios mit Dividendenwachstumswerten.

Welche Medienempfehlungen möchtest Du den Lesern mitgeben?

Nach wie vor läuft bei mir im Hintergrund CNBC und stock3 (Anmerkung: früher Godmode/Guidance) am Rechner. Ansonsten die Klassiker von Robert Kiyosaki oder George Clason („Der reichste Mann von Babylon“). Auf YouTube finde ich die tagesaktuellen Beiträge von Markus Koch empfehlenswert. Und auch deine Instagram-Beiträge dient mir als Inspiration, da sie mit Dividendenerhöhungen als Inhalt stets positive Ereignisse kommunizieren 😊

Was hast Du für die Zukunft geplant?

Es bleibt interessant. Aktuell bin ich sehr dankbar, die Hälfte des Jahres in einem anderen Land verbringen zu können. Das ist keine Selbstverständlichkeit für mich. Das Thema „Immobilien in Spanien“ könnte in Zukunft eine stärkere Rolle einnehmen. Ansonsten den Compounding-Effekt für den Vermögensaufbau geduldig wirken lassen.

Zum Schluss: worum geht’s im Leben?

Geld allein macht nicht glücklich, gibt mir jedoch die Freiheit mein Leben nach meinem Gutdünken zu gestalten. Diese Selbstverwirklichung in Verbindung mit Gesundheit in einem sozialem Umfeld macht mich glücklich.



Bernhard, vielen Dank für Deine Zeit und das angenehme Gespräch!



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2 Kommentare wurden geposted.
9. März 2023 09:26 - René  

Tolles Interview.

Antworten
19. Februar 2023 12:52 - Michael  

Bernhard redet nicht nur vom Austausch, sondern praktiziert ihn auch. Wer (wie ich in 2021) die Chance zum Austausch hat, wird nicht enttäuscht. Anregend und motivierend: So könnte man ihn zusammen fassen. Schade nur, dass er sich so rar in Österreich macht 😉

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