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Dividend Post Interview mit Daniel Wassmer von Investflow

Autor: The Dividend Post (Clemens)
20 April 2023

Daniel Wassmer von Investflow durfte ich im Rahmen der Invest2023 in Stuttgart kennenlernen. Kurzerhand bat ich ihn als Gesprächspartner zum Dividend Post Interview. Welchen Investment-Ansatz Daniel verfolgt, wie er langfristig den Markt outperformen möchte und warum ein Sponsoring von Manchester United nicht unbedingt die sinnvollste Investition ist, erfahrt ihr im Interview.

Lieber Daniel, herzlich Willkommen zum Dividend Post Interview! Am besten Du stellst Dich mit Deinen eigenen Worten den Lesern vor, wiewohl Dich viele bereits kennen werden.

Daniel: Hallo Clemens! Mein Name lautet Daniel Wassmer und mit meiner Familie wohnen wir in Freiburg. Seit drei Jahren betreibe ich den YouTube-Kanal Investflow und eventuell dadurch dem einen oder anderen Leser dieses Interviews bekannt 😊

Erzähl uns von Deinem Weg an die Börse?

Ich besaß indirekt mit bereits zwölf Jahren meine erste Aktie. Dies war genau zur absoluten Hype-Phase im deutschen Neuen Markt zur Jahrtausendwende der Fall. Bei der örtlichen Sparkasse zeichnete mein Vater im Zuge des bevorstehenden Börsengangs von T-Online, wobei nur mir ein paar Aktien zum Gesamtwert von ca. 1.000 DM zugeteilt wurden und er leer ausging. Nach einer schnellen Verdoppelung schmierten sie zusammen mit dem Niedergang des deutschen Aktienmarktes ab.

Danach blieb ich bis 2015 untätig, ehe ich eine niedrige fünfstellige Summe vererbt bekam. Die Frage war, was ich mit dem Geld nun machen sollte. Zinsen auf dem Sparkonto gab es schon keine mehr. Damals blieb mir ein Satz in einem Internetforum im Gedächtnis. Wenn man sechs bis neun Prozent Rendite pro Jahr erzielen möchte, kommt man um Aktien und Börse nicht herum. Im Selbststudium machte ich mich durch das Lesen von den facheinschlägigen Büchern mit der Materie besser vertraut und los ging die Reise mit dem Investieren in Einzelwerte.

Im Jahr 2020 hast Du mit Deinem YouTube-Channel gestartet. Erzähle uns über Deine Motivation und Beweggründe, warum Du eigentlich damit begonnen hast?

Kurz vor dem Corona-bedingten Kursrutsch begann ich mit dem Kanal. Tatsächlich startete ich mit YouTube als Fortbildungsmaßnahme im Rahmen meiner damaligen Jobsuche. YouTube fand ich immer schon als Privatnutzer interessant. Nach der ersten Findungsphase, welches Thema ich für den Kanal wählen möchte, kam ich rasch zu dem Punkt, dass die Analyse von Einzelwerten zu diesem Zeitpunkt noch nicht ausreichend abgedeckt war. Die großen Kanäle wie Talerbox oder Finanzfluss richteten ihren Fokus auf die allgemeinen Finanzbildungsthemen. Einzig Kolja von Aktien mit Kopf schaute sich ab und an einzelne Unternehmen detaillierter an. Im Januar 2020 ging meine Amazon-Analyse online, nachdem ich insgesamt 13 Tage an Zeit für die Aufbereitung und Erstellung des Videos investierte. Mit dem Ausbruch der Coronapandemie in Europa stieg das Interesse an Aktien von Einzelwerten und der Kanal explodierte für meine Verhältnisse an neuen Abonnenten förmlich.

Auf die Fahnen schreib ich mir, dass die interessierten Leute sich nicht nur am Aktienkurs, sondern auch für das Unternehmen und den damit verbundenen Geschäftsmodell auseinandersetzen sollten. Bei der reinen Fokussierung auf Kennzahlen und die finanziellen KPIs sind viele Leute zuletzt auf die Schnauze gefallen. Als Konsumenten der Produkte und Dienstleistungen börsengelisteter Unternehmen versetzt man sich in eine gute Ausgangslage, sich abseits der Bilanzzahlen ein Verständnis über das zugrundeliegende Geschäftsmodell zu verschaffen. Die Börse ist kein undurchschaubares Hexenwerk, denn jeder kann unabhängig vom beruflichen Hintergrund mit dem Investieren starten.

Heutzutage betreibst Du Deinen YouTube-Kanal hauptberuflich. Wie zufrieden bist Du mit der Entwicklung seit damals?

Mittlerweile ist das mein Haupteinkommensstrom. Ich schneide die Videos selbst, mache die Thumbnails, etc. Nebenher arbeite ich in Teilzeit, wobei ich den Fokus eindeutig auf meine Selbstständigkeit lege. Das bedeutet fünf bis sechs Videos die Woche, ein Livestream zum interaktiven Austausch mit der Community und der Discord-Server.

Prinzipiell bin ich mit der Entwicklung in den letzten drei Jahren sehr zufrieden, da gibt es nichts zu meckern. Der Startpunkt war glücklicherweise ein nahezu perfektes Timing. Besonders die Ausrichtung des Kanals mit dem Schwerpunkt auf Einzelunternehmensanalysen konnte ich bis heute so beibehalten. Das macht mir auch am meisten Freude und ich denke, dass diese von der Community ebenso wahrgenommen wird. Standen anfangs hauptsächlich Wachstumswerte im Mittelpunkt, sind es seit den letzten einundeinhalb Jahre im selben Ausmaß die Unternehmen mit einer Dividende, welche ich in meinen Videos analysiere.

Kommen wir wieder zum Investieren. Wie würdest Du Deine Anlagestrategie definieren und welche Ziele verfolgst Du damit?

Was meine persönliche Anlagestrategie betrifft, verfolge ich ein Depot mit hoher Konzentration. In der Realität beträgt der Anteil meiner drei top-gewichteten Einzelwerte knapp 50 Prozent. Dies sind drei Werte aus dem GAFAM-Spektrum nämlich Alphabet, Amazon und Microsoft. Da ich der Meinung bin, dass es nur mit einem fokussierten Portfolio gelingen kann, den Markt langfristig zu schlagen, ergibt sich diese Allokation. Mit einer Fokusstrategie fahre ich ein höheres Risiko als ein breiter diversifiziertes Depot. Dennoch sehe ich mich mit Mitte Dreißig in einer guten Lage, dieses höhere Risiko zugunsten einer letztendlich stärkeren Performance einzugehen. Das Ziel ist klar die Outperformance. Ansonsten könnte ich mir gleich einen weltweit gestreuten ETF ins Depot legen und somit die extrem vielen Stunden an Arbeit für Research sparen.

Momentan besteht das Depot aus 15 Titel, die sich größtenteils den Sektoren Informationstechnologie und Gesundheit zuordnen lassen. In diesen beiden Sektoren sehe ich überdurchschnittliches Wachstum in Zukunft von zehn Jahren und länger. Kurzfristige Depotperformance von ein, zwei Jahren betrachte ich als wenig aussagekräftig. Somit verfolge ich den Ansatz eines für die Langfristigkeit ausgerichteten Portfolios.

Auf welchen wesentlichen Aspekten beruhen Deine Entscheidungen in Deinem Investment-Prozess? Hast Du ein Regelwerk?

Das Regelwerk orientiert sich an unterschiedlichen Schemen, in die ich meine Einzelwerte versuche, einzukategorisieren. Deshalb spielen hier unterschiedliche Aspekte zusammen. Hervorzuheben ist beispielsweise das Geschäftsmodell an sich. Als gutes Anschauungsbeispiel dient Alphabet mit der Google-Suchmaschine. Bis heute besitzt Alphabet ein Business Modell mit hohen Margen und die Marktdominanz scheint kaum von Konkurrenten gefährdet. Einen anders gelagerten, aber ähnlich tiefen Burggraben schuf sich das niederländische Unternehmen ASML. Weiters betrachte ich die Erfolgsbeteiligung der Aktionäre an der wirtschaftlichen Entwicklung kritisch. Das muss nicht zwangsläufig nur über die Auszahlung von Dividenden vonstattengehen, sondern bezieht ebenso Aktienrückkäufe mit ein oder die Frage, ob ein Unternehmen einen Mehrwert durch stetes Gewinnwachstum stiftet. Für den letzten Punkt sehe ich Amazon als prädestiniertes Beispiel, die in unterschiedlichen Geschäftssparten in neuen Märkte gehen, um ihre Ertragsbasis zu steigern. Andere Firmen wie Thermo Fisher oder Danaher generieren durch neue Investments ein starkes Cashflow-Wachstum. Da ich mich in meiner Anzahl an investierten Unternehmen sehr beschränke, stehen die einzelnen Unternehmen immer in Konkurrenz zu den Einzelwerten auf meiner Watchlist.

Was sind aus Deiner Sicht die Vor- und Nachteile dieser Strategie(n)?

Den größten Vorteil sehe ich in dem „Match“ zwischen meiner eigenen Zielsetzung, wie angesprochen die Outperformance entsprechender Marktindices, und der dafür erforderlichen Portfolio-Komposition. Ein wesentlicher Nachteil ist die deutlich stärkere Auswirkung von schwächer performenden Einzelwerten über einen gewissen Zeitraum. Durch meine zweifache Konzentration auf einerseits wenigen Sektoren und andererseits einer überschaubaren Anzahl an Investments spüre ich ein mieses Börsenjahr wie 2022 heftiger. Dafür profitiere ich wiederum stark vom aktuellen Aufwärtstrend von Technologiefirmen.

Welche Bedeutung hat der Faktor Unternehmensqualität bei Deinem Analyseansatz? Auf welche grundsätzlichen Punkte legst Du dabei Wert?

Da gibt es einige Punkte zu beachten. Schwierig sind für mich bestimmte Rentabilitätskennzahlen gemessen am Eigen-, Fremd- oder Gesamtkapital. Diese sind durch Financial Engineering relativ einfach trotz eines schwachen Geschäftsverlaufs zu manipulieren. Zur Messung von Unternehmensqualität braucht es deutlich mehr als bloße Bilanzkennzahlen.

Im Zentrum steht bei mir die Leistung des Managements, insbesondere in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten. Wie reagiert die Führungsspitze bei Gegenwind? Besitzt es einen stringenten Plan um entsprechend zu entgegenzusteuern? Weiters erachte ich ein Geschäftsmodell dann als interessant, wenn es auf lange Sicht rentabel ist. Ein Anti-Beispiel hierfür ist wohl Spotify, die es geschafft haben, eine ganze Branche kaputt zu machen: weder die Künstler noch das Unternehmen verdienen ein Geld mit diesem Geschäftsmodell.

Man kann zwar Indikatoren wie die Margenentwicklung zu Rate ziehen, dennoch ist es schwierig, durch harte Faktoren mit einzelnen KPIs eine hohe Unternehmensqualität messbar zu machen. Ebenso sind Bewertungskennzahlen wie das KGV hier fehl am Platz, weil sie nicht den individuellen Kontext der Branche bzw. des betroffenen Unternehmens abbilden.

Welches Unternehmen hat Dich in den letzter Zeit in puncto „Good Management“ im Positiven beeindruckt?

Nachdem Microsoft unter dem berühmt-berüchtigten CEO Steve Ballmer knapp zwölf Jahre lang seitwärts lief, schaffte sein Nachfolger Satya Nadella den Turnaround dank einer klaren Fokussierung auf das Cloud-Geschäft. Ein weiteres positives Beispiel war zuletzt Zebra Technologies. Nach einem miserablen Geschäftsquartal mit schwerwiegenden Lieferkettenproblemen, vollen Lagerbeständen und ordentlichen Druck auf die Margen präsentierte das Management den Investoren einen strategischen Plan, durch welche konkreten Maßnahmen sie das Unternehmen aus dem Schlamassel hinausmanövrieren wollen. Natürlich müssen sie nun liefern und sich an diesem Plan messen lassen.

Ein Gegenbeispiel aus Deutschland wäre für mich Teamviewer. Auf ein wirtschaftlich erfolgreiches Jahr 2020, dank starker Nachfrage ausgelöst durch den Home-Office-Boom, priorisierte das Management ein Sponsoring von Manchester United anstatt in weiteres Wachstum zu investieren. Als es ihnen zu teuer wurde, mussten sie sich aus dem Sponsorvertrag mit einem der wertvollsten Fußballvereine der Welt rauskaufen. Ein anderes Beispiel ist der CEO von Palantir, der ungehalten auf den Tisch haute, weil ihm eine durchaus berechtige Frage eines Analysten zur Streichung des Geschäftsausblicks störte. Das sind keine harten, messbaren Faktoren, dennoch geben solche Ereignisse beachtenswerte Informationen über das Innenleben eines Unternehmens preis.

Welche Rolle spielt in Deiner Investmentstrategie das Dividendenwachstum?

Aktuell sehe ich keinen großen Anlass, mich auf Dividenden zu konzentrieren. Tatsächlich führe ich einige Dividendenwachstums-starke Aktien im Depot wie zum Beispiel ASML, BlackRock, Microsoft oder seit Neuestem UnitedHealth. Die Dividendenpolitik spielt zum aktuellen Zeitpunkt keine Rolle in meiner Investitionsentscheidung. Meiner Meinung nach sollten junge Anleger bis zum Alter von 45 Jahren auf Cashflow-starke Unternehmen mit hohem Dividendenwachstum setzen. Im REIT- und Pharma-Bereich gibt es hochwertige Einzelwerte mit hohen Dividendenrenditen, da sehe ich durchaus gute Alternativen als Ergänzung innerhalb eines Dividendenwachstums-Portfolio.

Ich finde den Gedanken verlockend, wohin sich die Einstiegsrendite in Zukunft bewegen könnte. Dennoch möchte ich festhalten, dass das Prognostizieren von Dividendenwachstumsraten unheimlich schwierig, wenn nicht nahezu unmöglich ist. Es geht wohl eher um das Zutrauen, ob ein Unternehmen weiterhin die Qualität haben kann, die Dividende nachhaltig zu steigern.

An der Börse bilden wir uns als Investoren eine bestimmte Meinung, bevor wir in ein Unternehmen, ETF, o.ä. unser Geld investieren. Wann hat sich Deine Meinung zu einem Investment das letzte Mal geändert?

Auf der Verkaufsseite änderte ich gravierend meine Meinung bei Palantir, was schlussendlich mit dem merkwürdigen, unsouveränen Verhalten des CEO beim letzten Earnings Call gepaart mit schwächeren Geschäftszahlen zusammenhing.

In die verkehrte Richtung ging es bei Airbnb. Für mich sind sie ein Paradebeispiel für ein lukratives Geschäftsmodell für die nächsten Jahre. Als Plattformanbieter müssen sie keine Investitionen in neue Hotels oder Resorts tätigen, sondern hauptsächlich für die Erweiterung und das Onboarding neuer Anbieter sorgen. Durch diesen Netzwerkeffekt wächst das Angebot für die Airbnb-Nutzer sukzessive. Ihre relativ hohe Take Rate, das sind die einbehaltenen Provisionen von den gesamten Buchungen, die über ihre Plattform laufen, sorgt für eine nachhaltige Ertragsstruktur. Ähnliches war in der Vergangenheit bei Booking zu beobachten, die sich zu einer wahnsinnigen Cash-Maschine in der Tourismusbranche entwickelten.


Welche Medienempfehlungen möchtest Du den Lesern mitgeben?

Im deutschsprachigen Raum schätz ich das Podcast-Format der Doppelgänger mit Philipp Klöckner & Philipp Glöckler. Aus dem YouTube-Kosmos möchte ich die The-Joseph-Carlson-Show oder Value Investing von und mit Sven Carlin hervorheben.

Was hast Du für die Zukunft geplant?

Einfach weitermachen, neue Ideen einbauen und umsetzen. Auf YouTube soll es in Zukunft mehr Interviews geben. An der Börse möchte ich meiner Strategie treu bleiben – in guten wie in schlechten Zeiten.

Zum Schluss: worum geht’s im Leben?

Die Börse hat damit verhältnismäßig wenig zu tun. Wichtig ist, dass es der Familie gut geht. Als Vater freue ich mich meine Kinder aufwachsen zu sehen und möglichst viel von ihrer Entwicklung miterleben zu dürfen. Das ist ein Privileg.

Daniel, es war mir eine Ehre. Vielen Dank für Deine Zeit und das Interview!







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