Autor: The Dividend Post (Clemens)
29 Januar 2024
Warum mir ein Investment in Richemont attraktiv erscheint und welche Argumente für den Kauf in der Entscheidungsfindung schlussendlich ausschlaggebend waren, liest Du im Investment Case. Wie ich es mit der Quellensteuer bei Investments in der Schweiz handhabe, erfährst Du in einem eigenen Blog-Beitrag.
Die noch recht junge Unternehmenshistorie von Richemont, nach offiziellem Firmenwortlaut Compagnié Financiere Richemont SA, beginnt mit dem Jahr der Gründung 1988. Davor waren die zahlreichen und bekannten Firmenbeteiligungen in der Rembrandt Holding gebündelt, welche wiederum in direkter Verbindung zu der reichsten Familie Südafrikas steht.
Der südafrikanische Unternehmer Anton (auch Anthony) Rupert gründete im Jahr 1940 den Tabakhersteller Voorbrand, aus dem einige Jahre später die Rembrandt Group hervorging. Der Selfmade-Milliardär, dem eine ambivalente Haltung zur Apartheid bescheinigt wurde, diversifizierte die Geschäftsaktivitäten ab den 1970er Jahren reichhaltig. Zum auf die Tabakindustrie konzentrierten Stammgeschäft, welches selbst durch einige Übernahmen wie jene von Rothmans International ordentlich erweitert wurde, gesellten sich Investmentbeteiligungen in Finanz-, Medien-, Bergbau- aber auch Luxusunternehmen.
Nach Jahren der Diversifikation spaltete sich im September 1988 die Rembrandt in Remgro, eine Finanzholding, und Richemont auf. Letztere umfasste zu Beginn alle europäischen Aktivitäten inklusive des Tabakgeschäfts von Rothmans International. Die Führung von Richemont übernahm der noch heute als Vorsitzende aktive Sohn von Anton Rupert, nämlich Johann, der damit gewissermaßen in die Fußstapfen seines erfolgreichen Vaters trat.
Im Jahr 1993 wurde die Dunhill-Holding, unter deren Dach sich damals die Marken Alfred Dunhill, Montblanc, Chloé, Hackett London und Karl Lagerfeld befanden, mit Cartier fusioniert und in Groupe Vendôme umbenannt. Damit wurde der Luxusgüterbereich von der Tabaksparte abgespalten. 1998 erfolgte die komplette Übernahme der Groupe Vendôme durch Richemont via Aufkauf der restlichen Minderheitsanteile.
Die Vorgeschichte der diversen Marken unter Richemont (Quelle: Group Presentation, S. 22)
1999 brachte Richemont sein Tochterunternehmen Rothmans International als Sacheinlage in British American Tobacco (BAT) gegen einen Anteil von etwas mehr als 20 Prozent an BAT ein. Seit 2008 hält die von der Familie Rupert kontrollierte luxemburgische Reinet Investments S.C.A. den verbliebenen Anteil dieses Aktienpakets im Wert von jeute ca. 3,5 Milliarden Euro.
Erwähnenswert ist zudem das im Jahr 2007 mit Ralph Lauren besiegelte Joint Venture Ralph Lauren Watch and Jewelry Co. Unter diesen Namen werden hochpreisige Armbanduhren sowie Schmuck für Damen vertrieben. Nach einer Aneinanderreihung von verschiedenen Akquisitionen im Zeichen eines aktiven Portfoliomanagements beschäftigt das Luxuskonglomerat Richemont heute mehr als 40.000 Mitarbeiter global verteilt auf über 150 Standorten.
Überblick zu Richemont im Jahr 2023 (Quelle: Group Presentation, S. 4)
Im Zentrum des Geschäftsmodells von Richemont steht als Holding das Management der diversen Beteiligungen, die zweifellos in ihrer operativen Tätigkeit in der vielfältigen Domäne der Luxusgüter anzusiedeln sind. Darunter fallen die Herstellung und der Vertrieb von Schmuck-, Uhren- und Kleidungsmarken. Globale Bekanntheit genießen Richemonts Juwelierhäuser, darunter Cartier und Van Cleef & Arpels. Weitere Marken im Portfolio sind Piaget, Jaeger-LeCoultre, IWC Schaffhausen, Lange & Söhne und Montblanc.
Die drei Geschäftssegmente von Richemont im Überblick (Quelle: Company Snapshot, S. 1)
Das Luxusgüterkonglomerat verfolgt sowohl auf der Ebene der Produkte und Marken sowie in den Absatzmärkten einen Ansatz, der sich durch einen hohen Grad an Diversifikation auszeichnet. Richemont fasst seine Ergebnisse in drei Geschäftssegmenten zusammen: Juwelierhäuser, spezialisierte Uhrenmacher und Sonstige. Zuvor führte die Gruppe ein viertes Segment namens Online-Distributoren, das Yoox Net-A-Porter (YNAP) und Watchfinder umfasste. Nach der Ankündigung, YNAP ehestbald zu veräußern, wurde es als nicht fortgeführte Aktivität eingestuft. Watchfinder wird nun unter Sonstige subsumiert.
Wie wir sehen können, sind die Juwelierhäuser mit 67 Prozent des Umsatzes und mehr als 85 Prozent des Betriebsergebnisses das mit Abstand größte Segment. An zweiter Stelle folgen die spezialisierten Uhrmacher, die ein Fünftel des Umsatzes und über 13 Prozent des Betriebsergebnisses erwirtschaften. An letzter Stelle steht das Segment Sonstige mit 13 Prozent des Umsatzes und lediglich einen Prozent des Betriebsergebnisses.
Die Diversifikation von Richemont in unterschiedlichen Dimensionen (Quelle: Company Snapshot, S. 1)
Zusammengerechnet belaufen sich die auf den asiatischen Kontinent bezogenen Umsätze auf knapp die Hälfte, jeweils 22 Prozent entfallen auf Europa und Amerika. Die restlichen Umsätze verteilen sich auf den Mittleren Osten und Afrika. Blickt man auf die einzelnen Länder, so sind China (2023: 5 Mrd. Euro) und die Vereinigten Staaten (3,85 Mrd. Euro) die größten Umsatzbeitragenden.
Die geographische Verteilung des Gesamtumsatzes von Richemont (Quelle: FY23 Annual Report, S. 88)
Die Umsatzverteilung nach Produktsegmenten von Richemont (Quelle: FY23 Annual Results, S. 40)
Knapp drei Viertel der Umsätze werden im Direktgeschäft, damit sind der stationäre Handel oder E-Commerce gemeint, mit den Kunden abgeschlossen. Das verbleibende Viertel stammt aus dem Vertriebskanal Großhandel. Weiters erhält die Konzerngruppe auch Lizenzeinnahmen aus der Nutzung ihres geistigen Eigentums durch Dritte. Umsatzabhängige Lizenzgebühren werden entsprechend den vom Lizenznehmer getätigten Umsätzen erfasst.
Das Netzwerk an Einzelhandelsgeschäften pro (Dach-)Marke (Quelle: Group Presentation, S. 20)
Den Kern der Unternehmensstrategie von Richemont bildet eine stringente Akquisitionspolitik, die sich auf die Hauptgeschäftsbereiche Schmuck, Uhren und Bekleidung bzw. Accessoires konzentriert. Stellvertretend einige wenige Beispiele: die Juwelier-Manufakturen Buccellati (2019) und Van Cleef & Arpels (2003), die Uhrenhersteller IWC (2000) und A. Lange & Söhne (2003) oder im Modebereich Dunhill (1998) oder Montblanc (via den Dunhill-Erwerb ebenso 1998).
Richemont verfolgt einen klaren Fokus und trennte sich in der Vergangenheit von bekannten Marken wie Hackett London, den Markenrechten an Karl Lagerfeld oder den Medien-Assets an Vivendi. Weiters gliederte der Konzern vormalige Beteiligungen wie u.a. an British American Tobacco an die börsengelistete Investmentgesellschaft Reinet Investments, die ihren Sitz in Luxemburg hat, aus. Vor Kurzem kam der Verkauf von Yoox Net-a-Porter ins Stocken, nachdem der potentielle Käufer Farfetch scheinbar nicht die Zweifel bei der Finanzierung gänzlich ausräumen konnte.
Die Meilensteine von Richemont seit der Gründung im Jahr 1988 (Quelle: Group Presentation, S. 21)
Das Unternehmen konzentriert sich darauf, neben den strategischen Investitionen auch Partnerschaften mit externen Organisationen zu nutzen, um den verschiedenen Wettbewerbskräften auf dem Markt auf einem anderen Weg als der herkömmlichen Strategie zu begegnen. Das Spektrum und der Inhalt dieser Kooperationen reichen von Lösungen für die digitale Zertifizierung, die Entwicklung einer auf das Luxussegment spezialisierten Blockchain oder den Aufbau einer Sicherheitsplattform zur Bekämpfung von Betrug und Diebstahl von Luxusgütern.
Überblick zu den strategischen Partnerschaften von Richemont (Quelle: Group Presentation, S. 13)
Beim ersten Blick auf die Eigentümerstruktur von Richemont und den bei Large-Caps für gewöhnlich hohen Anteil an Institutionellen Investoren gibt es keine Auffälligkeiten zu vermelden. Denn dieser speist sich aus den „üblichen Verdächtigen“ der Vermögensverwalter.
Eigentümerstruktur von Richemont (Quelle: tikr.com)
Anteil von Investoren-Gruppen von Richemont (Quelle: Seeking Alpha*)
Doch wo findet sich die einflussreiche Gründerfamilie Rupert wieder? Unter der Gattung der A-Aktien wird die Suche unvollendet bleiben. Die Hausmacht der Rupert-Familie liegt im Komplettbesitz der B-Aktien, welche einen Stimmenanteil von Prozent verbriefen. Zusammengerechnet mit den A-Aktien, die u.a. in der Compagnie Financière Rupert gebündelt sind, besitzt somit die milliardenschwere Familie die unanfechtbare Mehrheit an Richemont.
Die zwei Aktien-Gattungen von Richemont (Quelle: Group Presentation 2023, S. 23)
Seit 2018 führt mit Jérôme Lambert als Chief Executive Officer ein Urgestein des Luxuskonglomerats die operativen Geschäfte von Richemont. Der Vorsitzende (Chairman) des Senior Executive Committee (SEC) bleibt in Gestalt von Johann Rupert selbstredend in den Händen der Eigentümerfamilie. Neben den beiden genannten setzt sich das SEC wie folgt zusammen:
Das Senior Executive Committee von Richemont (Quelle: Group Presentation 2023, S. 16)
Neben der personellen Ausstattung des Vorstands spielen die Vergütungsprinzipien der verantwortlichen Top-Manager eine entscheidende Rolle, um als Außenstehender eine Ahnung davon zu bekommen, warum welche Entscheidungen auf Vorstandsebene womöglich getroffen wurden. Die persönliche Incentivierung in Form von Bonuszahlungen durch das Erreichen vordefinierter Ziele sind in der Regel im Sinne einer funktionierenden Corporate Governance öffentlich einsehbar.
Vergütungsschema und Performance-Metriken von Richemont (Quelle: FY23 Annual Report, S. 65)
Richemont orientiert sich in der Gestaltung der Vorstandskompensation an einer brancheneinschlägigen Peer Group aus der Luxusgüterindustrie. Allerdings hält sich das Unternehmen bei der Konkretisierung dieser Vergleichsgruppe vornehm zurück:
Peer Group von Richemont (Quelle: FY23 Annual Report, S. 64)
Neben dem obligatorischen Grundgehalt (base salary) gesellen sich zwei variable Komponenten, deren Auszahlungshöhe maßgeblich vom Abschneiden im Vergleich zur gewählten Peer Group determiniert wird: der jährliche Cash-Bonus (short-term incentives) und sogenannte langfristige Incentivierungen (long-term incentives).
Vergütungsverteilung 2023 von Richemont (Quelle: FY23 Annual Report, S. 68)
Der Großteil der jährlichen Gesamtvergütung des Top-Managements erfolgt in Form von variablen Bar- und Aktienvergütung. Der geringere Anteil der variablen Barvergütung ist an die kurzfristige Leistung des Top-Managements gebunden, während der Wert des Aktienpakets an die langfristige Performance des Unternehmens gekoppelt ist.
Performance-Metriken für den jährlichen Cash-Bonus von Richemont (Quelle: FY23 Annual Report, S. 64)
Unterfüttert mit Zahlen ergibt sich folgende Auflistung für die Entlohnung des Top Managements von Richemont für das Geschäftsjahr 2023:
Total Compensation von Richemont (Quelle: FY23 Annual Report, S. 73)
Die Charakteristik des Geschäftsmodells mit den unterschiedlichen Unternehmensbereichen von Richemont gestaltet den Vergleich mit der börsennotierten Konkurrenz je nach Betrachtungswinkel als eine einfache oder schwierige Angelegenheit. Gerne weise ich auf die diversen individuellen Parameter der infrage kommenden Unternehmen wie der Internationalisierungsgrad oder das Produktportfolio hin, die als Bestandteile der qualitativen Unternehmensanalyse gesondert zu prüfen sind und den Rahmen dieses Investment Cases sprengen würden.
Aufgrund der globalen Präsenz und der Vermengung unterschiedlicher Geschäftsdomänen in einem Konzern habe ich mich für einen Vergleich der größten Luxuskonglomerate entschieden. Somit fiel meine Auswahl auf die beiden französischen Mitbewerber LVMH und Kering. Ob diese Liste nun um andere Branchengrößen wie Hermes oder einer deutlich nischigeren Swatch Group usw. erweitert werden soll, kann jeder Anleger für sich selbst entscheiden.
Die von mir ausgewählte Peer Group dient ausschließlich zur leichteren, allgemeinen Einordnung und begründet sich aus dem Umstand, dass für die meisten Menschen nun mal nur limitierte Geldressourcen, sprich das zu investierende Kapital, zur Verfügung stehen und diese Mittel entsprechend nutzbringend eingesetzt werden. Für alle Fälle macht euch selbst ein Bild auf Basis der evaluierten Fundamentaldaten:
Wettbewerbsvergleich von Richemont mit LVMH und Kering (Quelle: eigene Darstellung)
Anmerkungen zu den in der Tabelle enthaltenen Werten:
Nachdem wir uns einen Überblick über die Branche im Allgemeinen verschafften sowie das Unternehmen, das Management und den Wettbewerb als entscheidungsgebende Faktoren näher betrachteten, werfen wir einen Blick in die Bilanz und den daraus abgeleiteten Finanzkennzahlen von Richemont. Der Fokus liegt hierbei auf die Aspekte Wachstum, Profitabilität und Finanzierung.
Zur Analyse des finanziellen Lagebilds sehen wir uns im ersten Schritt die Entwicklung von Umsatz, Gewinn und Free Cash Flow an. Zur unternehmensinternen Verteilung der Umsätze auf Segmente bzw. Produktkategorien und Regionen ging ich bereits weiter oben im Kapitel über das Geschäftsmodell ein. Im Durchschnitt wuchs die Top Line auf währungsbereinigter Basis um 5,1 Prozent p.a. in den letzten fünf Jahren.
Entwicklung des Umsatzes von Richemont (Quelle: Aktienfinder)
Ziehen wir das abgelaufene Geschäftsjahr 2023 heran, so stieg der bereinigte Gewinn pro Aktie um 59,6 Prozent (6,80 vs. 4,26 EUR) dank des Umsatzwachstums bei gleichzeitig geringer steigenden Kosten. Richemont erwirtschaftete im abgelaufenen Geschäftsjahr einen Nettogewinn von 0,3 Mrd. EUR (2021: 2,1 Mrd. EUR). Die Diskrepanz zwischen bereinigten Gewinn und Nettogewinn ergibt sich aus der Ausbuchung des YNAP-Geschäfts mit einem Negativeffekt von rund 3,6 Mrd. EUR.
Entwicklung des Gewinn pro Aktie von Richemont (Quelle: Aktienfinder)
Der dem Unternehmen zur Verfügung stehende Free Cash Flow kann für die Rückzahlung von Schulden, Expansion via Unternehmenszukäufe, Ausschüttungen von (steigenden) Dividenden oder Aktienrückkäufe verwendet werden. In absoluten Zahlen – auf die ich primär gerne zurückgreife – drückt sich das Bild aus Operativen und Freien Cash Flow sowie Kapitalinvestitionen für den Zeitraum 2016 bis 2023 folgendermaßen aus:
Entwicklung des Free Cash Flow von Richemont (Quelle: tikr.com)
Die Anzahl an ausstehenden Aktien erhöhte sich um einen Prozent in den vergangenen sechs Jahren. Ein Aktienrückkaufprogramm liegt aktuell nicht auf.
Aktienrückkäufe von Richemont (Quelle: aktien.guide*)
In der Kostenstruktur von Richemont sind mir keine gravierenden Punkte aufgefallen. Einhergehend mit langfristig steigenden Umsätzen wachsen im verhältnismäßig etwas geringeren Ausmaß die damit verbundenen relevanten Kostenpositionen COGs (Cost of Goods Sold) und SG&As (Selling General & Admin expenses / Operating expenses) mit.
Aufwendungen von Richemont (Quelle: tikr.com)
Der kritische Blick auf die Verschuldungssituation sagt uns, dass auf Basis des letzten Geschäftsjahres Richemont einen Anteil an zinstragenden Finanzverbindlichkeiten von 15,7 Mrd. EUR aufweist, dem wiederum liquide Mittel und Wertpapiere von in Summe 18,3 Mrd. EUR gegenüberstehen. Die Division der nicht vorhandenen Nettoschulden durch das zuletzt erwirtschaftete EBITDA von 5,7 Mrd. EUR können wir uns getrost sparen, denn Richemont ist nettoschuldenfrei. Damit sind der Blick auf die Fälligkeitsstruktur der langfristigen Schulden und das Zinsprofil ebenso hinfällig.
Entwicklung der Netto-Verschuldung und EBITDA von Richemont (Quelle: tikr.com)
Standard & Poor‘s bestätigte im März 2023 das Kreditrating im Rang Investment Grade A+ des Unternehmens bei stabilem Ausblick.
Zuletzt betrachten wir die Profitabilität von Richemont anhand der Entwicklung von Brutto-, Operativer- und Netto-Margen. Trotz des erheblichen Einbruchs der Netto-Marge im Jahr 2020, als die Coronapandemie weltweit ausbrach, erhärtet sich bei langfristiger Betrachtung der Eindruck eines Unternehmens mit einem stabilen, verlässlichen Geschäftsmodell.
Entwicklung der Margen von Richemont (Quelle: Aktienfinder)
Wie in den letzten Investment Cases möchte ich die Chancen und Risiken kurz und prägnant gegenüberstellen. Die einzelnen Punkte obliegen (m)einer subjektiven Wahrnehmung (sowie eigentlich alle Texte hier) und verlangen auf das Deutlichste einer eigenen Prüfung. Die dargestellten Chancen sind das Spiegelbild der wahrgenommenen Risiken (vice versa):
Chancen:
Risiken:
Basierend auf einem gegenwärtigen, von Sondereffekten bereinigten Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 19,4 ist auf den ersten Blick eine formidable Unterbewertung von Richemont im Vergleich mit dem historischen Durchschnittswert von 25,9 für die letzten fünf Jahre festzuhalten.
Fairer Wert von Richemont (Quelle: Aktienfinder)
Da ich bei „pro Aktie“ Kennzahlen, welche erheblich von Aktienrückkäufen verzerrt werden können, bevorzuge ich bei der Bewertung von Unternehmen gleicher Branchen gerne den sogenannten Enterprise Value (EV). Der EV kennzeichnet bei einer Übernahme den Betrag (also den Marktwert), der für den Kauf des betriebsnotwendigen Vermögens benötigt wird bzw. das nicht-betriebsnotwendige Vermögen herausgerechnet wird. Diese Kennzahl setze ich ins Verhältnis zum operativen Cash Flow (vor Steuern, Zinsen und Investitionen (CAPEX)), ausgedrückt durch das EBITDA. Die Heuristik und vorherrschende Meinung besagt, dass ein Wert von unter 10 eine „gesunde Bewertung“ signalisiert – wie immer bei generischen Daumenregeln muss der unternehmensindividuelle Kontext in der Analyse vom sorgfältigen Investor selbst mitgedacht werden. Im Anwendungsfall von Richemont sehen wir bereits seit längerem eine Bewertung in der Bandbreite zwischen 12 und 15:
Enterprise Value zu EBITDA von Richemont (Quelle: Seeking Alpha*)
Der Blick auf den aktuellen Chart zeigt uns eine Kursperformance von 89,3 Prozent im Fünfjahresüberblick, was einem Kursgewinn von 17,9 Prozent (ohne Dividenden) pro Jahr entspricht.
Aktueller Aktienchart von Richemont (Quelle: aktien.guide*)
Der maximale Rückgang in den letzten sechs Jahren betrug ca. 48 Prozent just im Zuge der Coronapandemie Anfang 2020:
Unterwasser-Chart von Richemont (Quelle: aktien.guide*)
Im Zehnjahres-Zeitraum brachte ein Investment in Richemont gemessen am Total Return, also inklusive erhaltener Dividenden, eine Gesamt-Performance von 76,1 Prozent für den Anleger:
Total Return von Richemont (Quelle: Aktienfinder)
Bei der Betrachtung der Dividendenhistorie fällt einem sofort auf, dass Richemont eine Kürzung der Dividende für das Geschäftsjahr 2021 vornahm. Der Luxuskonzern passte kurz nach Ausbruch der Coronapandemie die jährliche Ausschüttung auf ein Niveau an, das in etwa zwei Drittel der Dividende des Jahres 2020 entsprach.
Bereits im darauffolgenden Jahr wurde die Dividende wieder auf das Vorkrisenniveau erhöht. In den letzten beiden Jahren ging das Unternehmen dazu über, neben der regulären Dividende, welche nun drei Jahre in Folge angehoben wurde, an seine Aktionäre eine Sonderdividende von 1,- CHF pro Aktie auszuschütten.
Bei einem aktuellen Kurs von 128,50 CHF errechnet sich eine Dividendenrendite von 1,95 Prozent exklusive Sonderdividende. Die Fünfjahres-Dividendenwachstumsrate beträgt 6,3 Prozent p.a. bzw. 10,1 Prozent p.a. im Zehnjahres-Zeitraum.
Das Unternehmen erhöhte zuletzt Mitte Mai 2023 die reguläre Dividende um 11,1 Prozent, welche im September ausbezahlt wurde.
Dividenden-Historie von Richemont (Quelle: Group Presentation 2023, S. 27)
Auf Basis des Dividenden-Alarms im Aktienfinder sehen wir, dass die aktuelle Dividendenrendite außerhalb des Fünfjahre-Korridors liegt. In den letzten Jahren gab es nur selten einen Zeitpunkt, an welchem durch den Kauf der Aktie eine in etwa gleich hohe Dividendenrendite wie die derzeitige zu erzielen war.
Dividenden-Alarm von Richemont (Quelle: Aktienfinder)
Ziehen wir den Durchschnittswert des Free Cash Flow der letzten drei Jahre als Grundlage für die Ermittlung der Ausschüttungsquote heran, landen wir bei einem komfortablen Ergebnis von 31,8 Prozent für das Payout Ratio. Ich verorte – gleichwohl auch ich keine Glaskugel besitze – in den kommenden Jahren den Spielraum für Dividendenerhöhungen im ähnlichen Ausmaß wie in den letzten beiden Jahren sehen, d.h. zumindest im höheren einstelligen Prozentbereich.
Zusammenfassend möchte ich die ausschlaggebenden Gründe und Überlegungen für meine Entscheidung in Richemont zu investieren hervorstreichen, wobei die Reihenfolge der einzelnen Punkte keinen Rückschluss auf eine spezielle Gewichtung der Argumente darstellt.
Auf Grundlage der zusammengetragenen Fakten habe ich am 15.01.2024 in zehn Richemont Aktien zum Kurs von 109,50 CHF investiert.
Für den Nachkauf im Januar halte ich mir eine Reserve für eine Aufstockung von Diageo frei. Die Halbjahreszahlen sind für den 30.01. angekündigt. Meine Einschätzung der letzten Ereignisse hatte ich bereits abgegeben.
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Zunächst mein Glückwunsch und vor allem vielen Dank für die ausführliche und detaillierte Analyse!! Einen Gedanken habe ich zum Vergleich von LVMH und Richemont: im Bereich von Schmuck und Uhren, aber genauso bei Schreibutensilien, ist der Verbraucher mit einem anderen Zeithorizont und damit mit einer ganz anderen Umschlagshäufigkeit unterwegs. Verglichen mit der Modebranche, denkt der Konsument nicht im Zeitraum einer Saison, sondern in Jahren. Daher ist die Anfälligkeit für Schwankung bei Richemont geringer, aber auch die Gefahr der Marktsättigung größer. Siehst du diesen Effekt in der Analyse oder bei den Kennzahlen abgebildet? Mich würde deine Meinung dazu sehr interessieren.
Hallo Dirk,
vielen Dank für Deinen Kommentar und Lob!
Zu Deiner spezifischen und ausgesprochen fundierten Frage kann ich Dir insofern antworten, dass die Schwankung für einen Nichtbasiskonsumwert - relativ gesehen - geringer ist.
Das hängt meines Erachtens auch mit dem Faktor zusammen, dass Richemont die Produktion UND den Vertrieb in den eigenen Händen hält. Dies ermöglicht dem Unternehmen mehr Kontrolle in der Kapazitätsplanung wie -steuerung. Ich kann hier leider keine Grafik einfügen, aber ein guter Vergleich ist aus der Entwicklung der Inventories, die in der Bilanz ausgewiesen werden, herauszulesen. Insbesondere auch in Relation mit LVMH erkennt man hier eine andere Produktpolitik bei Richemont.
Das Risiko der Marktsättigung ist nicht von der Hand zu weisen. Das reichhaltige Produkt- bzw. Markenportfolio von Richemont im Bereich Schmuck und Uhren dürften anhand der fundamentalen Daten jedoch weniger anfällig sein. Robuster und stärker in der Marge sind ganz eindeutig die Juwelierhäuser, doch die Uhren haben sich in den letzten beiden Jahren auch wieder ordentlich erholt.
Liebe Grüße,
Clemens