Beitragsbild Kein Immobilien-ETF

Ohne ETFs mit Einzelwerten in den Immobiliensektor investieren

Autor: The Dividend Post (Clemens)
28 Oktober 2024

Das Schöne an einem Regelwerk ist, dass tatsächlich die sich selbstauferlegten Spielregeln für die Investmentstrategie schriftlich festgehalten sind. Beim Aufkommen der ersten „F.O.M.O.“-Gedanken und der Gefahr dabei, einen schlagartigen Gedächtnisverlust zu erleiden, reicht ein kurzer Blick auf meinem Blog zum Nachlesen des internen Reglements. Die ganze Bloggerei soll ja angeblich auch Vorteile für den Autoren mit sich bringen…

Das Bittere an der Sache: es erinnert mich daran, welche Regeln zweiundeinhalb Jahre nach Start des Echtgeld-Portfolios kaum der Lebenspraxis des leidgeprüften österreichischen Privatinvestors standhalten können. So schrieb ich mir ins Stammregelbuch, dass basierend auf den „Global Industry Classification Standard“ in die elf Sektoren entlang der Wertschöpfungsketten der einzelnen Branchen investiert werden sollte. Ein hehres Ziel, aber die Besteuerungsmethode durch den österreichischen Fiskus sollte als variable Größe in dieser Gleichung nicht vergessen werden. Offensichtlich habe ich die Rechnung ohne den Wirt gemacht!


Die Ausgangslage

Wie hinlänglich thematisiert, stellen die Rechtsformen von Real Estate Investment Trusts (REITs) und Business Development Companies (BDCs) für die in Österreich lebenden Menschen eine hohe steuerliche Barriere dar. Laufende Ausschüttungen sind zunächst mit 42,5 Prozent zu besteuern, ehe man sich im Folgejahr die zu viel bezahlte Kapitalertragssteuer (KESt) vom Fiskus zurückholen kann.

Wie leider von mir befürchtet, stand ein Umtausch des von VanEck aufgelegten Global Real Estate ETF an. Die Ausschüttungen niederländischer Fonds werden wie jene eines sogenannten Nicht-Meldefonds klassifiziert. Diese melden wiederum ihre Fondsertragsausschüttungen nicht an das österreichische Finanzamt. Damit wäre eine Anrechnung der niederländischen Quellensteuer auf die österreichische KESt unzulässig. Das bedeutet eine überproportionale Steuerbelastung auf die Ausschüttungen jenseits der Mindestgrenze von 27,5 Prozent KESt. Das ist nicht nur mühsam, sondern auch ärgerlich für den Cash-Flow unterm Jahr. Die Evidenz habe ich nun schwarz auf weiß auf meiner Abrechnung zur letzten Ausschüttung. Daraufhin veräußerte ich im März die Position vollständig und konnte damit einen kleinen Gewinn erzielen.

Verkauf VanEck ETF

Der Verkauf des VanEck ETFs (Quelle: parqet*)

Der Vergleich macht sicher

Anschließend an den Verkauf stellte sich die Frage, welche alternativen Themen-ETFs für den Immobiliensektor infrage kämen. Nach einigen Klicks in meiner Recherche auf den unterschiedlichen Suchportalen für ETFs bestätigte sich der erste Eindruck als nüchternes Faktum: die Immobilienbranche durch sektorspezifische Themenfonds abzudecken wird aus Renditesicht kein zufriedenstellendes Investment. Alle steuereinfachen Alternativen für den als sogenannter Nicht-Meldefonds klassifizierten VanEck-ETF entsprechen nicht meinen Erwartungen. Aus einer Total-Return-Perspektive betrachtet, kommen kaum nennenswerte Fünfjahresrenditen heraus.

Ich habe die Performance inklusive Ausschüttungen folgender Produkte in der untenstehenden Grafik über den Zeitraum von fünf Jahren verglichen:

ETF-Vergleich JustETF

Vergleich unterschiedlicher Immobilien-ETFs (Quelle: justETF)


Ein alternativer Weg

Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt. Passender hätte ich die Einleitung für den Beitrag über den ETF-Kauf vor fast zwei Jahren nicht wählen können - ohne Ahnung, wie die Sache ausgehen würde. Von einem generischen Risiko ausbleibender bzw. nicht erfolgter Ausschüttungsmeldungen seitens des ETF-Anbieters „warnte“ ich damals. Tatsächlich materialisierte sich dieses Risiko und futsch war der ETF aus dem Depot.

Allerdings kein Grund die Flinte ins Korn zu werfen. Da ich das Echtgeld-Portfolio aus der Sicht eines österreichischen Privatanlegers manage (es geht ja in der Essenz um mein echtes Geld), machte ich mir Gedanken, wie ich auf alternativem Wege in den Immobiliensektor investieren könnte. Dabei möchte ich mit Einzelwerten aus verschiedenen Sektoren, die jeweils einen spezifischen Teil der Wertschöpfungskette abdecken, quasi über die Bande die entstandene Lücke füllen.

Dementsprechend ändert sich auch die sektorale Zielallokation, da der Immobiliensektor mit einem Gewicht von fünf Prozent wegfällt und auf die verbleibenden zehn Sektoren umgeschichtet wird. Dies führt bei vier Sektoren zu den folgenden Veränderungen:

  • Materialien (+2,5 %-Punkte)
  • Energie (+1 %p)
  • Versorger (+1 %p)
  • Nicht-Basiskonsum (+0,5 %p)

Neue Zielallokation Echtgeld-Portfolio

Die neue Ziel-Allokation im Echtgeld-Portfolio (Quelle: eigene Darstellung)

Bevor ich mich konkret mit den Einzelwerten befasse, möchte ich die wesentlichen Stufen entlang des Wertschöpfungskreislaufs des Bauens und Betreibens von Immobilien skizzieren:

  1. Beschaffung der benötigen Rohstoffe
  2. Vorfertigung der benötigten Baumaterialien als industrielle Vorleistung vor Baurealisierung
  3. Planung der Immobilie auf verschiedenen Ebenen (Architektur, Gebäudetechnik/Physikalische Planung, etc.)
  4. Bauen & Entwicklung beschreibt die Phase der Realisierung des Bauprojekts
  5. Nutzung & Betrieb als Teil der Immobilienbewirtschaftung
  6. Rückbau als optionaler Bestandteil neuer Nutzungsmöglichkeiten
  7. Entsorgung & Recycling von Baustoffmaterialien zur Wiederverwertung primärer Rohstoffe

360 GRad Immobilienbranche

Ein 360°-Blick auf die Immobilienwirtschaft (Quelle: ThelenGruppe)


Die Umsetzung

Die Ideen bzw. Einzelwerte, um über die Bande in die Wertschöpfungskette von Immobilien zu investieren, liegen zum Teil auf der Hand und werden schon heute teilweise im Echtgeld-Portfolio abgebildet:

  • Rio Tinto & Linde: Die Immobilienwirtschaft lechzt nach Baumaterialien wie Stahl und Eisen, weiterverarbeitet aus den von Rio Tinto gewonnenen Eisenerzen. Der australische Bergbaukonzern engagiert sich in einem Markt, der in Zukunft noch stärker von der steigenden Nachfrage nach kritischen Rohstoffen für die Energie- und Mobilitätswende profitieren wird. Ähnlich genießen Industriegase eine enorme Bedeutung. Linde nimmt als eines der führenden Unternehmen eine signifikante Marktposition ein. Unter anderem sind die von Linde bereitgestellten Gase auch bei der Herstellung von Materialien wie Stahl unentbehrlich.
  • Toronto-Dominion: Eng verbandelt mit der Immobilienbranche ist die Finanzindustrie und insbesondere das Bankenwesen. Das wusste man bereits vor der Subprime-Krise als der Kollaps von Lehman-Brothers im Jahr 2008 die Weltwirtschaft an den Rand des Abgrunds manövrierte. Relativ gut überstanden haben diese brenzlige und historisch beispiellose Phase die kanadischen Banken. Der Immobilienmarkt in Kanada weist einige Besonderheiten auf, die ich in meinem Investment Case über Toronto-Dominion mit mehr Tiefgang erläutere. Banken sind in unterschiedlichen Aspekten bei Immobilien von hoher Relevanz: Finanzierung, Bewertung, Transaktionsbegleitung und -strukturierung, etc.
  • Münchener Rück / BlackRock: In der Vermögensverwaltung spielen Immobilien als alternative Investments zum Kapitalmarkt eine strategische Rolle in der Ausgestaltung der Asset-Allokation. Es sind vor allem Versicherungsunternehmen, die einen beträchtlichen Anteil der verwalteten Kundengelder im Deckungsstock in Immobilien investieren, um die regulatorischen Vorgaben hinsichtlich der Erfüllung der Ansprüche der Versicherungsnehmer zu gewährleisten.
  • McDonald’s: Die US-amerikanische Fast-Food-Kette beschränkt sich nicht nur bloß auf die Rolle als Betreiber und Franchisegeber von weltweit 40.000 Restaurants, sondern ist auch Besitzer von einem werthaltigen Immobilienportfolio. Vor zehn Jahren wurden ca. 15 Prozent der Filialen selbst betrieben, mittlerweile sind es nur noch fünf Prozent. McDonald’s konzentriert sich stärker auf die Aufgaben als Immobilienvermieter und Lizenzgeber. Heute fungiert McDonald’s bei 80 Prozent der Gebäude und 55 Prozent der Grundstücke als Eigentümer. Für die moderate Verschuldung kann man sich an einem Weltmarktführer beteiligen, dessen Unternehmenswert zum Gutteil durch das Immobilienvermögen gedeckt ist.
  • Home Depot: Naheliegend basiert das Geschäftsmodell von Baumärkten auf den laufenden Investitionen in Immobilien während des gesamten Lebenszyklus. Die Instandhaltung oder Weiterentwicklung während der Phase des operativen Betriebs stellt jenen Zeitraum dar, an dem Home Depot auf beiden Seiten profitiert: einerseits bei den beauftragten Professionisten und Handwerken, also die Gewerbekunden aus den unterschiedlichen Gewerken wie Bauunternehmen, Sanitär, Elektroinstallation, Tischlerei, als auch andererseits bei den selbstberufenen Heimwerkern mit oder ohne Hang zum „Do-It-Yourself“. Zudem stehen knapp 90 Prozent der Baumärkte im Eigentum von Home Depot.
  • Waste Management: Ebenso wie Linde und McDonald’s zwar (noch) nicht Teil des Echtgeld-Portfolios, reiht sich Waste Management in die Riege jener Unternehmen ein, die an der Immobilien-spezifischen Wertschöpfungskette teilhaben. Die Nachfrage ist unabhängig von etwaigen Krisen gegeben, weil das Unternehmen schlichtweg ein Grundbedürfnis bedient: auf ein professionelles Abfall- und Recyclingmanagement kann nicht verzichtet werden. Waste Management ist in dieser Branche das führende Unternehmen in den Vereinigten Staaten.
  • Generell sind Infrastruktur-lastige Einzelwerte aus den kapitalintensiven Sektoren Energie, Kommunikation und Versorger eng mit der Immobilienbranche verwoben. Diese Sektoren sind im Echtgeld-Portfolio bereits vollständig abgedeckt.

Zum Abschluss des Beitrags sei angemerkt, dass trotz der im vorhergehenden Kapitel beschriebenen Verschiebungen auf Ebene der Sektoren sich nichts am ausgegebenen Zielkorridor für die Gesamtzahl an Einzelinvestments im Echtgeld-Portfolio ändert. Die Bandbreite von 30 bis 40 Unternehmen ist davon unberührt. Aktuell befinden sich 29 Werte im Depot. Nehme ich den Mittelwert von 35 Aktiengesellschaften, fehlen mir aus heutiger Perspektive sechs Unternehmen auf diese Zielgröße.

Auf den ersten Blick ist das eine überschaubare Menge an noch offenen Positionen bzw. Investments. Du kannst dir vorstellen, dass ich nach vorne schauend für die noch nicht vollabgedeckten Sektoren ein paar „Fixstarter“ im Kopf habe, die im Verlauf der Zeit ein Bestandteil des Portfolios werden könnten. Dabei handelt es sich um:

  • Linde (Sektor: Materialien)
  • McDonald’s (Nicht-Basiskonsum)
  • Visa (Technologie/Finanzen)
  • Waste Management (Industrie)

Ferner überlege ich den Anteil von Serial Acquirer im Depot stärker auszubauen. Als Beispiele kommen mir spontan eine Danaher, Watts Water Technologies oder Carlisle in den Sinn. Mal abwarten, zu welchem Preis ich bereit bin, hier aktiv zu werden.

Heruntergebrochen auf die Sektoren würde sich eine Verteilung der Unternehmen wie folgt ergeben, wobei diese Zusammensetzung nicht in Stein gemeißelt ist und ich mir den Freiheitsgrad gönne, situationselastisch den einen oder anderen Wert über die nächsten Jahre dazu zunehmen.

Einzelwerte Echtgeld-Portfolio

Die (zukünftigen) Unternehmen je Sektor im Echtgeld-Portfolio (Quelle: eigene Darstellung)

Wie meinte einst der ehemalige österreichische Bundeskanzler Fred Sinowatz „Es ist alles sehr kompliziert.“ Ich hoffe, dass zumindest die komplizierten Angelegenheiten rund um das Thema Steuern dank der nun erfolgten Fokussierung, ausschließlich auf Einzelwerte zu setzen, vorerst ein Ende haben.


PS: Für Feedback, Ideen, Ergänzungen und sonstige Anregungen lasst es mich einfach in den Kommentaren wissen oder schreibt mir eine E-Mail.


Nun interessiert mich deine Meinung zu diesem Thema. Ich freue mich auf deinen Kommentar.

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5 Kommentare wurden geposted.
29. Oktober 2024 19:30 - Phil  

Guten Abend,

eventuell wäre der Marktführer der Hausbauer aus den USA für dich interessant. Bei diesem bin ich schon länger investiert. Es handelt sich um D.R. Horton und hat einen Marktanteil von ca. 12% in den USA:

https://x.com/RickPalaciosJr/status/1734647755224547574

Die Verschuldung ist gering und die Kapitalallokation ist in meinen Augen sehr gut auf die Aktionäre ausgerichtet.

Heute wurden die Quartalszahlen gemeldet und die Erwartungen nicht erfüllt, wodurch sich ggf. eine gute Einstiegsmöglichkeit bietet.

VG Phil

Antworten
4. November 2024 08:32 - (Clemens) The Dividend Post  

Hallo,

im aktuellen Monats-Report habe ich die D.R. Horton ein kurzes Portrait gewidmet:

https://dividendpost.net/blog/dividend-post-report-oktober-2024-34-dr-horton/

Liebe Grüße
Clemens

4. November 2024 09:46 - Phil  

Hallo Clemens,

das freut mich. Habe ich mir gerade erst mal durchgelesen. Ich teile deine Meinung, dass D.R. Horton aktuell recht fair bewertet ist und man für einen Einstieg noch ein wenig warten kann, um eine höhere Margin of Safety zu erhalten.

Viele Grüße

Phil

29. Oktober 2024 19:30 - Phil  

Guten Abend,

eventuell wäre der Marktführer der Hausbauer aus den USA für dich interessant. Bei diesem bin ich schon länger investiert. Es handelt sich um D.R. Horton und hat einen Marktanteil von ca. 12% in den USA:

https://x.com/RickPalaciosJr/status/1734647755224547574

Die Verschuldung ist gering und die Kapitalallokation ist in meinen Augen sehr gut auf die Aktionäre ausgerichtet.

Heute wurden die Quartalszahlen gemeldet und die Erwartungen nicht erfüllt, wodurch sich ggf. eine gute Einstiegsmöglichkeit bietet.

VG Phil

Antworten
30. Oktober 2024 08:19 - (Clemens) The Dividend Post  

Hallo Phil,

vielen Dank für Deinen Kommentar.

D.R. Horton hat sehr solide Bilanzzahlen. Zudem wurde die Dividende gestern um ein Drittel erhöht, gleichwohl das Payout-Ratio sehr, sehr niedrig ist. Gefällt mir ganz gut und nehme ich auf die Watchlist auf. Danke für den Hinweis!

Liebe Grüße,
Clemens

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